Breakout 2022
Turbocade Turbinator 2000
Flashback auf das goldene Gaming-Zeitalter
11. November 2022 / Melisa Akbaydar
Jedes Jahr gibt es während der Breakout Week bei Turbine Kreuzberg eine Handvoll Projekte, die sich weniger mit digitalen Gütern und mehr mit den greifbaren Dinge in der physischen befassen. Deshalb ist es kaum eine Überraschung, dass nur zwei Tage nachdem Senior Developer Marco Morais und João Ximenes ihre eigene Projektidee – den Bau einer "Turbine Arcade Machine" – bekannt gegeben hatten, bereits mehr als 20 Kolleg:innen ihre Namen auf die Liste gesetzt hatten. »Mich hat das Projekt am meisten gereizt, weil ich darin die Möglichkeit gesehen habe, etwas mit meinen Händen zu machen, statt vor dem Computer zu sitzen. Und ehrlich gesagt, ich hatte solche Angst, keinen Platz zu bekommen! Scheinbar wollten alle dabei mitmachen«, sagt Thomas Kühnel, Co-CTO bei Turbine Kreuzberg.
Die Projektidee an sich war einfach: der Bau eines komplett handgefertigten Arcade-Spielautomaten basierend auf einem RaspberryPi 4. Marco und João wurden dabei von ähnlichen Projekten im Internet inspiriert. Das Team beschloss aber, deutlich von anderen Designs abzuweichen, um das Resultat noch einzigartiger zu machen. Mit nur fünf vollen Tagen bis zur Abschlusspräsentation und einer Bauphase, die anfangs nur schwer zu überblicken war, stellte das Projekt in jeder Hinsicht eine Herausforderung dar. Höchste Zeit, anzufangen.
Planungsphase
Da alle Team-Mitglieder einen technologischen Hintergrund als Software Developer haben, hatten sie bereits eine klare Vorstellung von dem Software-Anteil des Projekts. Das größte Fragezeichen: die Bewältigung der notwendigen Holzarbeiten. »Zum Glück hatten wir Thomas Kühnel im Team«, erklärt Marco Morais – eine Meinung, die auch das restliche Team teilt. Obwohl es auch für den Co-CTO das erste größere Holzbauprojekt war, waren alle erstaunt über seine Fähigkeiten.
Zum Glück kann jeder, der bei Turbine Kreuzberg etwas bauen will, stets auf die Unterstützung des Inhabers und CHRO Peter Breuer zählen, der alle notwendigen Materialien, Holzplatten und Werkzeuge zur Verfügung stellte. »Die riesigen 70x350 cm großen Sperrholzplatten aus Peters Keller ins Büro zu tragen, war ein ziemlicher Spaß. Das ist zwar nur ein zehnminütiger Spaziergang, aber die Platten waren wahnsinnig schwer und wir brauchten drei davon«, sagt Thomas Kühnel.
Als wir das Bild dieser monumentalen Maschine vor Augen hatten, sagten alle: Ja, lasst uns echt dieses große Ding bauen. Ehrlich gesagt war das so eine ›Quantität vor Qualität‹ Sache", fügt Thomas Kühnel hinzu. Da das Team beschlossen hatte, etwas zu bauen, das deutlich von den im Netz gefundenen Referenzen abwich, war es unerlässlich, die notwendigen Berechnungen vor dem Holzzuschnitt durchzuführen. »Anfangs war ich etwas besorgt, dass wir nicht in der Lage sein würden, das Projekt wirklich in fünf Tagen abzuliefern, weil die ursprüngliche Idee so anders war als die Maschine, die wir bauen wollten«, sagt Marco Morais.
Abgesehen von dem einzigartigen Gehäusedesign wurde fast alles von den Projekt-Initiatoren im Voraus geplant. Die meisten der benötigten Komponenten, wie ein DIY-Arcade-Kit und ein RaspberryPi 4 8GB-Mikrocontroller, wurden im Voraus bestellt und waren sofort einsatzbereit. Einige Teammitglieder hatten sich bereits informiert, wie alles anzuschließen und einzurichten ist. »Alle Teile waren vorhanden, so dass alles reibungslos zusammenkam«, sagt Thomas Kühnel. "Ich habe einige Zeichnungen im Internet nach Design-Ideen durchsucht, die andere Leute gebaut haben, aber in deutlich kleinerem Maßstab", fügt João Ximenes hinzu.
Das Team versuchte auch, noch vor dem Bau ein 3D-Modell seines Entwurfs anzufertigen – eine Idee, die es allerdings aus Zeitgründen wieder verwarf. Stattdessen beschlossen die Kollegen, den Plan mit einem Großformatdrucker zu drucken. Am Ende druckten sie nur ein Testblatt, um sicherzugehen, dass der Drucker funktionierte, und hängten es an die Wand. Damit war der Eindruck ausreichend erweckt, dass hier wirklich »Ingenieurskunst« im Spiel war.
Die Konstruktion
Das Team teilte sich in zwei Arbeitsgruppen auf. Zunächst: die Konstruktion an sich. Nachdem alle Gehäuseteile erfolgreich nach den genauen Maßen zugeschnitten worden waren, war es an der Zeit, das DIY-Arcade-Kit und den Monitor zu befestigen. »Wir haben bestimmt fünfmal gemessen und diskutiert. Aber dann haben wir es einfach beim ersten Versuch geschafft«, sagt Marco Morais. Eine Frage war, ob die Höhe des Monitors tatsächlich funktionieren würde, denn das Team konnte sich nur auf sein Augenmaß verlassen. »Wir haben ihn nur in die Luft gehalten, und 1,70 m sah gut aus, also haben wir es auf unser Whiteboard und dann direkt auf das Holz gezeichnet«, erklärt Entwickler Ruben Manteigas. Sie stellten das Holz auf, prüften es noch einmal und beschlossen dann, es zu schneiden, indem sie ihm eine L-förmige Kurve gaben.
Die L-förmige Konstruktion bot bereits Halt für die Platzierung des Monitors, so dass es ausreichte, den Monitor zwischen die Holzteile zu kleben, nachdem der Monitorsockel entfernt worden war. Die Lautsprecher mussten innerhalb des Gehäuses platziert werden, aber so, dass sie von außen erreichbar waren und die Lautstärke eingestellt werden konnte. Aus diesem Grund schlug der Developer Flavio Rosa vor, Lautsprechergitter per 3D-Druck zu fertigen. Da die Gitter genau auf die Lautsprecher passten und damit die Genauigkeit des 3D-Drucks bewiesen war, beschloss das Team, auch ein Logo und andere Features für das Gerät zu drucken. »Das war sehr spontan, wir haben einfach immer mehr zum Gesamtdesign hinzugefügt«, sagt Thomas Kühnel.
Nachdem alle Teile zusammengebaut waren, stellte das Team fest, dass die Maschine von außen betrachtet ein wenig zu blass. Also bestellten sie nur einen Tag vor der endgültigen Präsentation LED-Lichtstreifen, um das Gehäuse zu ergänzen.
Zuletzt: der Name. Die Zeit für ein weiteres Brainstorming war gekommen. Aus drei Optionen entschied sich das Team schließlich für "Turbocade" – mit dem zusätzlichen Modellnamen "Turbinator 2000", nur für den Fall, dass sie in Zukunft weitere Arcade-Automaten bauen wollten.
»Als wir das Bild dieser monumentalen Maschine vor Augen hatten, sagten alle: Ja, lasst uns echt dieses große Ding bauen.«
– Thomas Kühnel
Die Software
Um Arcade-Spiele auf dem RaspberryPi ausführen zu können, entschied sich das Team, auf die Software »retroPie« zu setzen. Die einzelnen Spiele laufen als ROM-Dateien auf einem USB-Speicher, der für maximale Kompatibilität mit FAT32 formatiert ist (32-GB-Karte oder weniger). Ein Teil des Teams versuchte zudem, sämtliche Spiele zu finden und zusammenzustellen, die andere Turbinies im Slack-Kanal der Agentur vorgeschlagen hatten. »Wir mussten die Spiele vor dem Hochladen testen, für den Fall, dass einige von ihnen nicht funktionierten. Wenn das passierte, mussten wir die fehlerhaften Spiele entfernen und verschiedene Konfigurationen ausprobieren – das war ein bisschen Arbeit«, erklärt Ruben Manteigas.
Der Developer Ricardo Lucas entwarf eigens einen Startbildschirm mit Logo und Animation und konfigurierte retroPie so, dass er Spieler:innen vor jedem Spielstart angezeigt wird. »Natürlich gab es einen Punkt, an dem retroPie einfach zusammenbrach und überhaupt nicht mehr funktionierte. Das war der größte Misserfolg, den wir zu verzeichnen hatten«, sagt Ruben Manteigas. Probleme mit der Hardware waren ebenfalls ein Rückschlag, da sich der Anschluss der beiden Controller als schwierig erwies. Dennoch hat die Problemlösung Spaß gemacht, auch wenn sie bei einem Projekt, das ohnehin schon unter Zeitdruck stand, viel Zeit in Anspruch nahm.
Testen
»Bevor wir mit dem eigentlichen Bau loslegen konnten, haben wir einen Prototyp aus einem Karton mit Joysticks, Knöpfen und anderen Bedienelementen gebaut. Wir testeten die Komponenten des DIY-Arcade-Kits, während wir die Spiele spielten, und konfigurierten die Joysticks, um ein Standard-Layout zu finden, das auf den Farben der Knöpfe basierte – genau wie bei einer typischen Arcade-Maschine«, sagt Ruben Manteigas. Sie testeten alle Komponenten Schritt für Schritt, um zu sehen, ob jedes Teil funktionierte.
»Die Ironie war am Ende, dass wir den Automaten im Keller zusammengebaut und getestet haben, aber am Ende konnten wir ihn nicht mehr nach oben bringen, weil er einfach nicht durch die Tür passte. Also haben wir die ganze Maschine auseinandergenommen und oben wieder zusammengebaut. Das war wie bei IKEA«, sagt João Ximenes.
Am fünften Tag von Breakout 2022, am Ende aller Projektpräsentationen, präsentierte das Turbicade-Team schließlich allen bei Turbine Kreuzberg seine Maschine. Als sie den Schalter umlegten, alles perfekt funktionierte und das Team die Reaktionen seiner Kollegen sah, waren sie vollkommen begeistert.
»Ich war erstaunt, zu sehen, dass alles funktioniert, vor allem mit den LEDs, die wir ganz zum Schluss eingebaut haben«, sagt João Ximenes. »Als das Ding mit den Lichtern und allem zum Leben erwachte, war es genauso monumental, wie ich es mir vorgestellt hatte: ein großer, blinkender, kaum zu übersehender Kasten«, ergänzt Thomas Kühnel. »Ich habe mich jeden Morgen darauf gefreut, weiter an diesem Projekt zu arbeiten.« Die Unterschriften aller Teammitglieder zieren die Rückseite der Maschine – nur ein Beweis dafür, wie stolz die Kollegen auf ihre Arbeit sind.
Auf die Frage, ob sie in Zukunft bei einem ähnlichen Projekt wieder zusammenarbeiten würden, waren sich alle einig. »Wir brauchen ja noch eine Maschine für das Büro in Faro«, sagt Ruben Manteigas. »Vielleicht streichen wir den Turbinator 3000 und machen ihn bunter. Oder wir bauen einen Flaschenhalter ein, wer weiß«
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Melisa Akbaydar
Technical Writer
melisa.akbaydar@turbinekreuzberg.com